Britischer Punk, französischer Esprit

öhringen  Orchesterverein glänzt in der Kultura mit Solist Sven Bauer

Von Frank Lutz

Britischer Punk, französischer Esprit
Mit seinem leidenschaftlichen Spiel verzauberte Solist Sven Bauer sein Publikum.          Foto: Frank Lutz

Begeisterter Applaus ist bei den Konzerten des Öhringer Orchestervereins in der Kultura keine Seltenheit. Doch dass am Samstag die ersten „Bravo“-Rufe schon vor den letzten Akkorden ertönen und dass wenig später in der Kultura eine Fußballstadion-Atmosphäre herrscht, bei der die Besucher jubeln, minutenlang Beifall klatschen und mit den Füßen stampfen, ist dann doch etwas Besonderes. Die Ovationen der rund 340 Zuhörer in der nicht ganz ausverkauften Kultura gelten vor allem dem jungen Pianisten Sven Bauer: Bei Sergej Rachmaninoffs Klavierkonzert Nr. 2 c-moll zeigt der gebürtige Schwäbisch Haller im Wechselspiel mit dem von Prof. Dr. Uwe Reinhardt dirigierten Orchester eine beeindruckende Leistung und glänzt dann noch mit zwei Zugaben.

Im ersten Teil des Konzerts bilden britischer Prunk und französischer Esprit einen scharfen Kontrast zur russischen Melancholie des Rachmaninoff-Werks: Mit Edward Elgars glanzvollem Pomp-and-Circumstance-Marsch Nr. 1 startet das Orchester souverän in den Abend. Anschließend geben die Musiker den frischen, leichten und lebendigen Charakter von George Bizets Sinfonie No. 1 C-Dur angemessen wieder. Und so gibt es bereits zum Ende der ersten Konzerthälfte einen ausgedehnten Applaus.

Aufwühlend Das nach der Pause folgende Konzert des russischen Komponisten ist keine leichte Kost, besonders nicht für sensible Gemüter: Mit seiner melancholischen Grundstimmung scheint es die kalte und dunkle Jahreszeit vorwegzunehmen. Schwere Klavierakkorde leiten den ersten Satz ein. Zu Bauers aufwühlenden Arpeggien erklingt eine düstere Streichermelodie. Eine kurze dramatische Steigerung leitet über in das zweite Thema, bei dem Bauer beweist, dass er auch die lyrischen Töne beherrscht. Vom Solisten scheinbar mühelos vorgetragene Arpeggien treffen im weiteren Verlauf des Satzes auf dramatische Akkorde, eine gewaltige Steigerung wird von einer tanzartigen Passage abgelöst.

Kontrastreich Nach dem abrupten, fast brutalen Ende des Satzes entführt das „Adagio sostenuto“ in eine ganz andere Welt: Das zarte Thema, das Flöte und Klarinette zunächst zu Bauers wellenartiger Begleitung vorstellen und das der Pianist später aufgreift, wirkt nach den Stürmen des ersten Satzes ungemein tröstlich. Leidenschaftlich geht Bauer mit dem ganzen Körper mit, scheint sich in jeden Ton hineinzufühlen. Doch es bleibt nicht bei der idyllischen Stimmung: Abermals erklingen dramatische Töne, bevor die vielleicht beeindruckendsten Momente des Abends folgen: In einer kurzen Kadenz spielt Bauer virtuos auf der gesamten Klaviatur seiner Ausdrucksmöglichkeiten, steigert sich in eine fast rasende Verzweiflung hinein, hält inne, schlägt unvermittelt zarte Töne an und verliert sich schließlich in einem ausgedehnten Triller, an dessen Ende die erlösende Rückkehr zum träumerischen Hauptthema steht. Aus allen Träumen reißt dann das bewegte Finale, in dessen Verlauf sich die Stimmung zunehmend aufhellt. Wieder glänzt Bauer mit ausgedehnten rasanten Läufen. Dazwischen wechseln sich rhythmusgeprägte Abschnitte, eine kurze fugenartige Passage und ein Thema mit jazzigen Anklängen ab. Zwischendurch lassen die Schlaginstrumente, begleitet vom Streicher-Pizzicato im Hintergrund einen Marsch vorbeiziehen. Dann schwillt der prachtvolle Klang des Orchesters immer weiter an, entlädt sich in strahlenden Schlussakkorden und macht dem Jubel des Publikums Platz.

 

Original: https://www.stimme.de/hohenlohe/nachrichten/hloer/sonstige-Britischer-Punk-franzoesischer-Esprit;art87694,3214790

 

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